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Die Vision eines neuen, eines freien Europa, dessen Blöcke überwunden und dessen Grenzen immer unwichtiger werden, das kulturell, wirtschaftlich und sozial immer mehr zusammenwächst und eine neue, verantwortungsvolle und konstruktive Rolle in der Weltpolitik spielen kann und muß, ist nicht neu. Gorbatschow führte sie erstmals 1985 unter dem Namen "gesamteuropäisches Haus" in die politische Diskussion ein, stieß damit aber vier Jahre lang auf Zurückhaltung, Skepsis bis Ablehnung. Das Jahr 1989/90 brachte die Wende. Was bis dahin unvorstellbar schien, ist heute zu einem der wichtigsten politischen Prozesse der neunziger Jahre geworden. Was sind die Interessen und Ziele der Sowjetunion in diesem Prozeß? Was wird ihre Rolle im neuen Europa sein? Welche Impulse sind von ihr - nach dem ersten Anstoß - weiterhin zu erwarten? Kaum eine Stimme könnte hier kompetenter Auskunft geben als Vitaly Shurkin, der Direktor des Europa-Instituts in Moskau. Er gilt als einer der Väter und treibenden Kräfte dieser Vision. In diesem Essay, das er speziell für ein interessiertes deutsches Leserpublikum geschrieben hat, beschreibt er einfühlsam und zugleich visionär den historischen Strukturwandel in Europa. Besondere Beachtung schenkt er dabei der deutsch-sowjetischen Beziehung.