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"Zehn Tage, nachdem der Krieg zu Ende war, fuhr meine Schwester Laura einen Wagen von der Brücke." Das ist der erste Satz von "Der blinde Mörder", Margaret Atwoods neuem Roman. Laura Chases ältere Schwester Iris, die mit achtzehn Jahren einen wohlhabenden und politisch einflussreichen Unternehmer geheiratet hat, jetzt aber 82 Jahre alt und verarmt ist, lebt in Port Ticonderoga, einer Stadt, die vor dem Ersten Weltkrieg von ihrer Familie dominiert wurde. Iris blickt auf ihr Leben und vor allem auf die Ereignisse um den frühen Tod ihrer Schwester zurück, Laura war durch die postume Veröffentlichung eines Romans mit dem Titel "Der blinde Mörder" schlagartig berühmt geworden. Iris lebt, wie sie selbst sagt, im langen Schatten ihrer toten Schwester. Für die damalige Zeit sexuell sehr offen, schildert "Der blinde Mörder" eine riskante Affäre zwischen einer junge Frau aus wohlhabendem Haus und einem Mann, der für die linke Bewegung im Lande arbeitet und auf der Flucht ist. Sie treffen sich in schäbigen Hotelzimmern und billigen Cafes, und sie unterhalten und trösten einander mit einer fortgesetzten Erzählung aus der Science-Fiction-Welt des Planeten Zycron. Der Held dieser grellen Geschichte auf einem Planeten mit drei Sonnen und fünf Monden ist Mitglied der "blinden Mörder" - gedungener Killer, die einst Kindersklaven und Prostituierte waren. Der Agitator, Alex Thomas, hat tatsächlich existiert, und nicht nur Laura, sondern auch ihre Schwester Iris liebten ihn. Als junge Mädchen verstecken sie ihn vor der Polizei, und er bleibt ihr romantisches Ideal, auch als Iris ihre Pflichtehe eingeht und Laura ihn jahrelang aus den Augen verliert. Als sie von Iris hört, dass er im Krieg gefallen ist, begeht sie Selbstmord, indem sie den Wagen ihrer Schwester von der Brücke in den Fluss lenkt. "Der blinde Mörder" ist ein Roman mit der Weite eines Epos und der Konzentration eines Familiendramas.